Rundbrief III (August 2018)

„Was mache ich hier eigentlich genau?” Dieser Frage möchte ich in meinem dritten Rundbrief nachgehen – Rundbrief III als PDF.

Bereits im Vorfeld eines Projekts legt Comundo gemeinsam mit der jeweiligen Partnerorganisation – das ist die Organisa­tion vor Ort, in meinem Fall Don Bosco – in einem Staff request fest, was man in den drei Jahren Zusammenarbeit erreichen will, was die Anforderungen an die zukünftige Fachkraft sind und was ihre Aufgaben sein sollen.

Drei Monate nach Projektstart definieren Fachkraft und Partnerorganisation in einem detailliert formulierten First Situation Report, Teilprojekte, deren Ziele und die dafür nöti­gen Aktivitäten. Einen solchen Report schreibt man nicht mal eben und nicht im stillen Kämmerlein. Dafür sind viele Ab­spra­chen nötig; es geht ans Eingemachte. Der Report wird zudem regelmäßig aktualisiert. Vorteil aller Mühen: man hat eine solide, wertvolle und vor allem gemeinsam entwickelte Planungsgrundlage zur Hand, nach der man arbeiten kann.

Nun ist Planung und guter Wille das eine; das, was tatsächlich daraus wird, das andere. Nach nun etwas mehr als einem Jahr möchte ich eine Zwischenbilanz ziehen. Es geht um Erfolge, Teilerfolge und Herausforderungen im Kontext interkultureller Zusam­men­arbeit, teilweise auch im Kontext unterschiedlicher pädagogischer Auffassungen.

Staff Request: Gesucht wird…

Vereinfacht lassen sich drei Ebenen benennen, auf denen den Ländern des Südens Unterstützung zuteil wird: Zunächst ist dies Geld. Es folgen Sachmittel bzw. technische Unterstützung, mit denen projektbezogen Missstände behoben werden, um sich anschließend anderen Aufgaben zu widmen. Die dritte Ebene ist der Austausch von Wissen.

In meinem letzten Rundbrief bin ich bereits darauf eingegangen, dass nach meiner Auffassung weder Geld noch Sachmittel einem Land, wie Kenia tatsäch­lich langfristig helfen. Laut einiger Experten können diese gar kontra­produktive Auswirkungen haben, wenn die Menschen sich erst an Zuwendungen aller Art gewöhnt haben und in einen Zustand träger Erwartungshaltung geraten.

Wissen dagegen kann einem Land helfen, sich selbst zu entwickeln und eigene Innovationen voranzutreiben. Das mobile Bezahlsystem M-PESA, die zahlreichen hochmotivierten Startups im iHub sind hierfür eindrucks­volle Beispiele. Vor allem im Mobilfunk-Markt erfährt Kenia derzeit eine Art digitalen Aufbruch. Entsprechend hoch ist der Stellenwert, den Computer­technologie heute für junge Kenianer­innen und Kenianer in der Ausbildung hat.

Im Staff Request wird die Besetzung der Fachkraft-Stelle folgender­maßen beschrieben:

Capacity Building of Teachers in the Vocational Training Center in theoretical and practical teaching
Development of lesson plans, material

Nicht die Schüler sind also die Zielgruppe meiner Tätigkeit. Es sind die Lehrer. Gemeinsam mit ihnen soll der Unterricht sowohl in der technischen Berufs­ausbildung (Technical School) als auch in der schulischen Bildung (Secondary School) mediendidaktisch aufgewertet werden. Das heißt zunächst, die Menschen und deren Situation kennenlernen, das vorhandene Equipment in Augenschein zu nehmen, es gegebenenfalls aufzuwerten und dann die Lehrer bei der Integration digitaler Medien in ihrer Lehre zu unterstützen. Die Lehrer erweitern auf diese Weise ihre Medien­kompe­tenz, was letztlich den Schülern zugute kommt.

Interessant dabei: Es geht nie nur um Wissen allein. Es geht vor allem auch um die Einstellung der jungen Menschen; darum, wie verantwortungsbewusst die Schüler in ihrem späteren Leben mit dem erworbenen Wissen umgehen werden. Die Frage, die mir die Schüler am häufigsten stellen, ist: „Kannst Du mir zeigen, wie man hackt?” Sie wollen schnellstmöglich zu Geld kommen. Die Betonung liegt hier auf „mir”. Meine Antwort auf diese und ähnliche Fragen, ist dann immer dieselbe: „Bildet ein Gruppe und überlegt Euch, was Ihr lernen wollt. Ich kann außer der Reihe einen Workshop organisieren, zum Beispiel, wie man eine Website erstellt. Hacken steht bei mir nicht auf dem Plan.”

I. Don Bosco Institute of Computer Studies

Unsere Schule verfügt über einen Computerraum, den wir in einem ersten Schritt mit vorhandenem Material und tatkräftiger Unterstützung zahlreicher Arbeiter aus den angegliederten Werkstätten technisch und optisch aufge­wertet haben. Auch viele Schüler halfen mit. 18 Computer wurden zum Laufen gebracht, ein Lehrerbereich mit repräsentativem Tisch wurde eingerichtet, Mobiliar wurde restauriert, die Wände verputzt und neu gestrichen.

Die Reaktion von Lehrern und besonders Schülern auf die neue „Umgebung” war ausgesprochen positiv. Während zuvor lediglich zwei Rechner für den Unterricht benutzt wurden, vor denen sich Lehrer und Schülergruppen versammelten, können nun 36 Schüler jeweils paarweise an einem Rechner arbeiten.

Aus pädagogischer Sicht hat die Anordnung der Computer­plätze jedoch einen entscheidenden Nachteil. Die rund um den Raum an der Wand befestigten Steckdosen erzwingen eine Positionierung der Arbeitsplätze zur Wand hin. Schüler und Lehrer haben keinen Blickkontakt und befinden sich daher in einer erschwerten Kommunikations­situation.

Das Thema angesprochen, erfahre ich, dass die Situation durchaus so gewollt ist. Die Lehrer wollen jederzeit sehen, was die Schüler gerade machen und die Schüler sollen nicht sehen, wohin der Lehrer oder die Lehrerin gerade schaut – Lehrer im Rücken. Man kann dies nun als eine Pädagogik des Misstrauens charakterisieren. Tat­säch­lich ist dieses Miss­trauen aber auch nicht ganz unbe­rechtigt. Zum einen, weil Don Bosco teilweise Jugendliche rekrutiert, die zuvor auf der Straße gelebt haben und entsprechend über einen geringen Erziehungs- und Bildungsstand verfügen. Zum anderen beobachte ich immer wieder, dass Disziplin in der kenianischen Kultur nicht den Stellenwert hat, den ich aus meiner Kultur mitbringe. Anstatt zu lernen, spielen die Schüler Spiele. Die sind entweder Teil des Betriebssystems oder die Schüler schleusen sie über mitgebrachte USB-Speichermedien ein. Nicht selten kommen diese Spiele aus dubiosen Quellen im Internet, was zur Folge hat, dass die Rechner häufig mit Viren und Malware verseucht werden.

Was also tun? Wir, die Lehrer, einige Verantwortliche und ich haben uns zusammengesetzt und beraten. Wir einigten uns schließlich darauf, eine Situation herzustellen, in der Schüler und Lehrer sich von Angesicht zu Angesicht begegnen. Eine Software auf dem Lehrerrechner soll abbilden, was auf den Schülerrechnern passiert. Einige Plätze mit Rücken zum Lehrer sollen erhalten bleiben.

Wir stellen die Sitzordnung um

Mal eben die Tische von der Wand rücken, Stühle auf die andere Seite stellen und Computer herumdrehen, ist keine akzeptable Lösung. Man würde über die Netzkabel stolpern. Auch nicht möglich war es, die Tische in Reihen von den Seitenwänden aus mit Mittelgang aufzustellen, weil sich seit­lich Türen befinden. Wir haben daher eine Lösung umge­setzt, bei der 23 Schülerplätze über ein Rohr, das keinen Blick stört, von der Decke aus versorgt werden. Der Lehrerplatz wird von der Wand aus gespeist und erhält ein Leerrohr für die spätere Installation eines Beamers.

Vernetzung und Internet

Allein die geplante Installation der Lehrersoftware erfordert eine Vernetzung der Computer. Außerdem sollten alle Rechner einen Internetzugang erhalten. Dafür wurde im Computerraum zunächst ein Switch installiert, der über ein Ethernetkabel mit dem Router des Haupthauses verbunden wurde. Dann wurden viele Ethernetkabel „geclipt” – von Hand, versteht sich. Das ist kostengünstiger.

Nachdem alle Kabel geprüft und die Rechner verbunden waren, konnten wir das Netzwerk auf den Rechnern erfolg­reich einrichten. Alle Rechner verfügen nun über einen Internetanschluss. Vom Lehrerplatz aus kann auf jeden Rechner zugegriffen werden. Der Zugriff auf das Internet kann von dort aus ganz abgeschaltet oder auf bestimmte Rechner beschränkt werden. Ein WLAN steht für Gastrechner zur Verfügung.

Downloads, Uploads und andere Abenteuer

Wie schön, Internet zu haben! Wenn man es denn hat. Zunächst liegt es in den Händen des Internet-Service-Providers, ob die Verbindung das bietet, was man bestellt hat. In unserem Fall sind dies 2 MBit/s, für die wir monatlich umgerechnet etwa 70 € bezahlen. Verglichen mit deutschen Maßstäben ist das nicht wirklich schnell und zudem teuer.

Umso ärgerlicher, wenn dann statt der erwarteten 250 KB/s nur 5 bis 50 KB/s tatsächlich zur Verfügung stehen. Das ist derart langsam, dass man auf eine komplexere Webseite minutenlang wartet. Für Software-Downloads braucht man, je nach Größe, mehrere Tage Geduld, E-Mails mit Anhang können teilweise nicht versendet werden, weil die Upload­rate zuweilen bei 0,01 MBit/s steht. Es gibt zudem keinen Tag ohne Komplettausfall des Internets über Stunden. Die spannende tägliche Frage lautet daher: „Mal schauen, ob wir Internet haben.” Nachfragen bei unserem Provider ergaben, dass es derzeit technische Schwierigkeiten gibt.

Wir haben bei einem anderen Provider um ein Angebot für eine stabilere Lösung gebeten, da wir seit zwei Wochen komplett offline sind. Jemand wollte vorbei­schauen, um sich ein Bild zu machen und eine Lösung zu präsentieren. Er kommt sicher irgendwann. Man kann in Kenia nur oft nicht so genau sagen, wann.

All dies ist frustrierend. Ja! Man kommt einfach nicht weiter. Andererseits erinnern derartige Erfahrungen auch ein­drucks­voll daran, dass man eben nicht in Deutschland lebt, wo die Telefone heißlaufen, wenn ein Unternehmen auch nur für fünf Minuten offline ist. Und wir sind nicht in Nairobi. Wir sind sieben Kilometer entfernt von Embu auf dem Land. Man tut also gut daran, seine Erwartungs­haltungen etwas herunter­zuschrauben, zu schauen, wie man die Offline-Zeiten sinn­voll anderweitig gestalten kann und sich im Übrigen in Geduld zu üben.

Weitere Schritte im Computer Lab

Selbstverständlich lässt sich auch ein funktionierender Computer­raum verbessern. Auf den meisten Computern läuft nach wie vor Windows XP, das seit April 2014 nicht mehr unterstützt wird. Hier besteht dringender Nachhol­bedarf, allein aus sicherheitstechnischen Gründen. Die Rechner müssten für ein Update jedoch mit mehr RAM ausgestattet werden, wofür derzeit das Budget fehlt. Sobald wir hier grünes Licht seitens Don Bosco bekommen, werden wir auf Windows 7 oder 10 updaten können.

Es gibt zudem ein bereits angedachtes Grundkonzept für den Umstieg auf sogenannte Thin Clients. Das sind Computer mit in der Regel deutlich kleineren Abmessungen als Desktop-Computer und geringerem Stromverbrauch. Auch hierfür benötigen wir entsprechendes Budget, das derzeit intern nicht vorhanden ist. Alternativ lassen sich für derartige Vorhaben Projektgelder beantragen. Bei der Deutschen Obern­konferenz sind dies zum Beispiel bis zu 6000 €. Der Betrag würde passen – ein weiterer Punkt auf meiner Vorhabenliste.

Zukunfstmusik, und dennoch ein Punkt, den ich nicht aus den Augen verlieren möchte, ist die ganz oder teilweise Versorgung des Computer Labs durch Sonnenenergie nach der Umstellung auf stromsparende Rechner. Sofern sich dies innerhalb der Projektlaufzeit umsetzen lässt, könnte das Ergebnis, gut dokumentiert, auch für andere Schulen oder Einrichtungen mit Computerraum interessant sein.

II. Mediendidaktische Unterstützung der Lehrer

Eine meiner Hauptaufgaben ist es, die Lehrer darin zu unterstützen, digitale Lernangebote in ihre Lehre zu inte­grieren. Die Lehrer selbst erweitern auf diese Weise ihre Medienkompetenz, ihr Unterricht wird interessanter und verständlicher. Die Schüler entwickeln ihrerseits Interesse an der Verwendung von Medien. Sie werden angeregt, sich kreativ mit zeitgemäßer Software auseinanderzusetzen, was Ihnen in ihrem späteren Berufsleben zugute kommen wird und letzlich dem Land dient. Medien­kompetenz spielt eine Schlüsselrolle in Kenias Vision 2030. Dort wird als eines der Flagship Projects for Education and Training aufgeführt:

Establish a computer supply programme that will equip students with modern IT skills;

Die Kennenlernphase

Es ist zunächst wichtig, sich vor Augen zu führen, dass man auch als willkommener Experte Gast ist; Gast in einem anderen Land mit eigener Kultur, mit eigener Geschichte und eigenen Regeln. Und man bleibt Gast. Hinzukommt, dass die Schule von Don Bosco, einer katholischen Verei­nigung mit ganz­heit­lichem Ansatz, geführt wird. Die Schüler leben und lernen internatsähnlich als soge­nannte Border innerhalb des Schul­geländes.

Neben dem eigentlichen Unterricht stehen Beten, die Pflege des Geländes sowie die eigene Körper­pflege inkl. Wäsche waschen auf dem Programm – auch und vor allem am Wochenende. Zwei Stunden Sport täglich sind Pflicht. Ein Chor sowie ein Orchester bieten einigen Schülern die Gelegenheit, sich musikalisch, über das reguläre Stoff­ange­bot hinaus, weiterzubilden.

Nicht alles, aber vieles ist für einen aus Deutschland ein­reisenden Medienpädagogen anders: die Unterrichts­zeiten, die Unterrichtsmaterialien, die Klassenräume und ihre Ausstattung, bis hin zum Syllabus, dem von der Regierung vorgegebenen Stoffplan. Das sollte man unbedingt erst einmal kennenlernen. Man benötigt ein Bild davon, wie Unterricht hier funktioniert, um sinnvolle Ideen dafür zu entwickeln, wie sich mediale Lernangebote in die bestehen­de Lehre integrieren lassen.

Die Schüler der Secondary School stehen um 5:00 Uhr auf. Sie waschen sich, ziehen sich an, machen Ihr Bett und räumen auf. Wer Defizite in bestimmten Fächern hat, soll diese nun selbstständig aufarbeiten, bis um 6:30 Uhr die Messe beginnt. Nach der Messe um 7:30 Uhr wird das Schul­gelände gepflegt. Wege werden gesäubert und Pflanzen ges­tutzt oder gewässert. Jeder Schüler bekommt wöchentlich eine bestimmte Aufgabe zugewiesen. Schul­beginn ist um 8:00 Uhr.

Die Schüler der Technical School (Berufsausbildung) haben das gleiche Morgenprogramm, mit dem Unterschied, dass sie eine Stunde später um 6:00 Uhr aufstehen. Sie sind in der Regel älter, damit selbst­ständiger und haben aufgrund ihrer praktisch orien­tierten Ausbildung weniger Stoff zu ler­nen, als die Schü­ler der Secondary School.

Montagmorgens und zwischendurch bei Bedarf treten die Schüler vor Schulbeginn zu einer Art Rapport an. Schul­leitung und Lehrer informieren dann über aktuell Wichtiges. Das können neue Entscheidungen der Schulleitung sein, es geht um anstehende Events wie Thanks Giving, das hier groß gefeiert wird oder Sport-Wettkämpfe.

In Kenia besuchen sich die Schüler benach­barter Schulen gegenseitig um sich im Fußballl, Basketball, Tischtennis oder Badminton zu messen.

Die Klassenräume der Schulen von Don Bosco sind vorbildlich. Die Gebäude sind solide, mit Steinboden, Elektri­zi­tät und stabilen, dichten Dächern ausgestattet. Holz­stühle und -pulte sowie ein Lehrerbereich mit Tafel bilden das Interieur. Drei Schulen durfte ich bereits sehen, und man sagte mir, dies sei bei Don Bosco Standard.

Gelernt wird mit Büchern, die teilweise veralteten Inhalt vermitteln. Schulbücher werden in Kenia nicht so häufig neu aufgelegt. Die aktuellen Ausgaben des Schulbuchs Computer Studies, Form 1-4 vom Longhorn Verlag wurden beispielsweise zuletzt im Jahr 2008 überarbeitet. Die Bildschirmfotos basieren durchgängig auf Windows XP, als Textverarbeitung wird Word 2003 behandelt. Eine Nachfrage beim Verlag ergab immerhin, dass eine neue Auflage sehr bald erscheinen soll. Ein genaues Erscheinungsdatum konnte man uns nicht mit­teilen.

Die Unterrichtgestaltung selbst unterscheidet sich nicht sonderlich von unserem, abgesehen davon, dass weniger Technik eingesetzt wird. Es gibt Lehrkräfte, die den Stoff spannend darstellen und die Schüler miteinbeziehen. Andere wieder­um gestalten ihren Unterricht weniger aufre­gend.

Nach diesem ersten Kennenlernen, das sich über mehrere Wochen erstreckte, bat ich um ein Meeting mit den Lehrern, in welchem ich Gelegenheit hatte, mich etwas ausführlicher vorzustellen und zu erläutern, weshalb ich da bin. Die Reaktion der Lehrer war recht verhal­ten, womit ich aus mehreren Gründen gerechnet hatte. Zunächst einmal ist nicht jeder begeistert, wenn da jemand ankommt, um zu zeigen, was man besser machen kann. Außerdem ist es mit Aufwand verbunden, Neues zu lernen. Ein weiterer Grund ist schließlich, dass schlichtweg nicht alle Lehrer über einen Computer verfügen. Es sind gerade einmal 9 von 22 Lehrern der Secondary School und 2 von 10 Lehrern der Technical School.

Als Strategie hatte ich mir überlegt, zunächst mit interes­sierten Lehrern zu beginnen, in der Hoffnung, dass diese anschließend mit Kollegen positiv über die Zusammen­arbeit und die erzielten Ergebnisse berichten. Den Anfang machte Father Eric, der Mathematik und Physik unterrichtet. Ich konnte ihm für seine grafischen Darstellungen zwei interes­sante Open­Source Software­programme empfehlen, die wir dann auch gleich auf seinem Computer installierten. Nun, gleich ist so eine Sache. OpenSource Software bezieht man als Download aus dem Internet – ich berichtete bereits von den Downloadzeiten… Nach erfolgreicher Installation kon­nten wir mit den neuen Tools einige Zeichnungen anfer­tigten, die er nun in seine Exam Paper (Klausurbögen) einbinden kann, anstatt sie, wie vorher, per Hand und Lineal gezeich­net, einzukleben.

Ein weiteres Beispiel ist das Exam Paper selbst. Die Lehrer, die über einen Computer verfügen, nutzen diesen auch, um die Klausurbögen zu schreiben. Wer keinen Computer hat, erhält Hilfe vom Sekretariat, in dem diese Aufgabe über­nommen wird. Gemeinsam mit Steven, der Metallkunde unterrichtet, entwickelte ich eine Vorlage für alle Lehrer mit einer Reihe Formatvolagen, die das Erstellen der Klausur­bögen einfacher machen. Die Sekretärin erhielt eine Schulung zur Nutzung der Vorlage. Der Vorteil für die Schüler ist nun, dass sie einheitliche Bögen erhalten, wenn sie eine Klausur schreiben. Eine weitere Idee: Sobald wir einen stabileren Internetzugang haben, werde ich mit Steven Filme zum Thema Metallkunde und Metallverarbeitung aus dem Internet aussuchen, die wir den Schülern zeigen wollen. Auch andere Lehrer sind daran interessiert und wollen geeignete Themen auswählen. Ich werde bei der Auswahl der geeigneten Filme behilflich sein.

III Die Schule bekommt einen Webauftritt

Der Wunsch, eine Website für die Schule zu erstellen, wurde schon früh an mich herangetragen. Ziel war und ist es, zum einen die Schule und den Schulbetrieb öffentlich vorzu­stel­len, zum anderen, zu kommunizieren, dass die von Don Bosco betriebenen Schulen gleichsam auch produ­zierende Betriebe sind. In der Schreinerei werden Möbel für Kirchen bzw. Kirchenanges­tellte, z. B. Bänke, Stühle, Tische, Schränke, Couchen und Betten hergestellt. Aus der Metall­werkstatt kommen Metalltore und Equipment für Kinder­spielplätze.

Für die Schüler der Technical School, die hier eine Berufsausbildung zum Schreiner, Metallarbeiter, Elektriker oder Haustechniker (Gas/Wasser) machen, ist es vorteilhaft im praktischen Teil ihrer Ausbildung größtenteils in “echten” Kunden­aufträgen eingebunden zu sein. Durch ihre Mitarbeit leisten sie einen Beitrag bei der Herstellung realer Produkte und erfahren vom ersten Kundengespräch über die Planung, Durchführung und Auslieferung den gesamten Prozess eines Kundenauftrags.

Natürlich lässt sich auch dies auf dem eigenen Webauftritt kommunizieren, um zum Thema zurückzukommen. Die Corporate Website bietet eine unschlagbar kostengünstige Möglich­keit, die eigene Vision, das Team, die Produktions­stätten, die Produkte und Dienst­leistungen in differenzierter Tiefe einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen, Interes­senten können mit den entsprechenden Ansprechpartnern unserer Schule über die Website in Kontakt treten und zu neuen Kunden werden.

Die Schule besitzt seit November 2017 eine eigene Website unter der Adresse http://donboscoembu.org.

Um den Zielen der Sustainable Goals und auch den Zielen Comundos gerecht zu werden, haben wir die Erstel­lung der Website als Schulung organisiert. Juliano, unser Deputy sowie Brother Daniel lernten zunächst die grund­legende Vorgehensweise bei der Erstellung einer Website kennen. Wir besprachen, was wir wie inhaltlich kommuni­zieren und wie wir den Webauftritt strukturieren wollen. Auch das Design war ein Thema. Es wurden zahlreiche Fotos gemacht bzw. vorhandenes Bild- und Textmaterial gesichtet und aufbereitet..

Anschließend ging es an die Grundlagen von HTML und CSS. Mir war es wichtig, dass die beiden Mitarbeiter, die zuvor noch keinen Kontakt mit diesen Technologien hatten, ein Grundverständnis dafür bekommen, wie ein Browser eine Webseite darstellt. Um nicht alles von Grund auf selbst zu entwickeln, sind wir in einem nächsten Schritt zu einem Template von HTML5 UP gewechselt. Das Template basiert auf den vorab behandelten Techniken HTML + CSS und bietet ein bereits fertig definiertes Design, das sich automatisch an die Bildschirmgrößen verschiedener Endgeräte (größere Bildschirme, Tablets, Smartphones) anpasst. In Kenia ist dies besonders wichtig, da über 60 % der Einwohner hier ein Smartphone nutzen, meist ausschließlich.

Es wird nun eine zweite Phase in Sachen Webauftritt geben. Wir werden ein sog. Content-Management-System (CMS) einsetzen. Zum Einsatz kommen wird WordPress, ein auf Blogs zugeschnittenes CMS, mit dem sich jenseits der Blog-Features auch Seiten in beliebiger Strukturtiefe darstellen lassen. Zunächst werden wir Struktur und Inhalt der jetzigen Website übernehmen. Anschließend bauen wir weitere Funktionen wie z. B. einen Produktkatalog ein.

Und sonst?

Kurz nach meiner Ankunft sprach ich mit Father Eric über Darts. Er war sofort begeistert. Es dauerte nur zwei Tage, bis wir ein Board montiert hatten, und seitdem  spielen die Schüler Darts in ihrer Freizeit – täglich. Betreut werden sie von Peter Maina, einem der zuständigen Betreuer, der mittlerweile selbst unglaublich fit im Darten ist. Ich komme immer wieder mal dazu und bin dann meist der Counter oder spiele auch mit.

Außerdem beteilige ich mich am Sportprogramm im Tischtennis und Badminton, zeige den Schülern das ein oder andere, auf dass sie fit für den nächsten Sportwettkampf werden. Oder ich spiele mit einigen Schülern Gitarre. Es gab ein paar hochtalentierte Gitarristen, die im letzten Schuljahr abgegangen sind. Jetzt heißt es, neue Talente zu finden.

Über das Schulgelände hatte ich ja schon berichtet. Es ist wunderschön, liegt allerdings 7 km entfernt von Embu. Ich habe mir daher ein Motorrad zugelegt, mit dem es nun einfach und angenehm ist, Besorgungen zu machen.

Viel ist es nicht, was ich benötige – ab und zu ein bisschen für den Haushalt, Kleidung in einem der Super­märkte, Gemüse und Obst kaufe ich auf dem Markt. Als Fachkraft bei Don Bosco genieße ich die Vorzüge, täglich gemeinsam mit den Verantwortlichen der Schule essen zu können. Ein hierfür angestellter Koch sorgt dreimal täglich für eine Mahlzeit.

Leider bin ich im April auf regennasser Lehmstraße unglück­lich ausgerutscht und habe mir dabei die Schulter verletzt. Nach einigen Versuchen, in Kenia eine geeignete Versorgung zu finden, entschied meine Versicherung die Verletzung in Deutschland behandeln zu lassen. Einschließlich Physio­therapie sind zur Genesung zwei Monate ver­gangen. Mittlerweile bin ich zurück in Embu. Die Physio­therapie geht hier weiter und wandelt sich peu à peu zum Fitnesstraining.

Und genau dorthin geht es jetzt – mit dem Motor­rad.

Tuonane baadae!

7 Replies to “Rundbrief III (August 2018)”

  1. Das hast Du richtig gut hinbekommen. Respekt! Ich freue mich auf Deinen nächsten Brief. alles Gute und Grüße von uns. Antje+Michael

  2. Hallo Harry,

    als der Rundbrief kam, hatte ich das Glück, gerade in Andalusien zu sein. Ärgerlicherweise ist mir dann gerade aufgefallen, dass Du im SPAM gelandet warst … warum auch immer, nachdem die letzten Rundbriefe durchgingen.

    Jedenfalls klingt Dein Bericht mal wieder sehr spannend – Du scheinst da genau der richtige Mann an der richtigen Stelle zu sein! Ich hoffe außerdem, dass es Deiner Schulter wieder besser geht. Aber wenn Du jetzt regelmäßig im Gym bist, wirst Du sicherlich bald gestählt wie nie sein 😉

    Alles Gute weiterhin – ich halte einen Besuch im nächsten Jahr weiterhin im Auge!

    Liebe Grüße
    Martin

  3. Hallo Harry;
    Ziemliches Neuland, was du da abseits der ausgetretenen Pfade beschreitest! Das erfordert nicht nur Neugier, sondern auch Mut und Improvisationskunst .
    Und manche Dinge sind schön formuliert, man kann , wenn man dich etwas kennt, zwischen den Zeilen lesen 😉

    Leider bist du badmintontechnisch durch deine Schulterverletzung bestimmt etwas zurückgeworfen worden; für einige in unserer Runde reicht es aber wohl immer noch, außerdem würden wir, wenn du wieder hier bist und mitspielst , deine Interpretationen , ob ein Ball nun aus oder drin war, etwas großzügiger als sonst akzeptieren .

    Bis bald, freu mich schon auf Brief Nr. 4 !

    L G Paul

  4. Hallo Harry,
    schön noch mal was von dir zu lesen. Ich hoffe, deiner Schulter geht es wieder besser.
    Du machst schon einen tollen Job da in Kenia und hast schon sehr viel erreicht. Respekt!!
    Schön, dass du mir die Gelegenheit gibst, an deinem Leben teilnehmen zu dürfen.
    Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg und alles Gute.
    Hirsch

  5. Hallo Herr Boldt,
    auch von mir vielen Dank, dass Sie mich auf den Verteiler gesetzt haben! Wie mein Vor”kommentator” habe ich mich auch gleich an Nummer eins und zwei gemacht.
    Ich finde es total spannend, diese Eindrücke aus erster Hand zu lesen! … vor allem vor dem Hintergrund, dass in der ZEIT vor kurzem die Misere Afrikas zum großen Teil auf die Kolonialzeit zurückgeführt wurde.
    Unsere VIP wandel sich mehr und mehr zur Content-Agentur: Inhalte für Fachartikel und Broschüren stehen in Vordergrund, weniger die Grafik. Neue Internetauftritte mit Rocksolidthemes sind im Moment der Renner und halten uns gut ausgelastet. Vielen Dank noch einmal für Ihren Tipp von damals!
    Herzliche Grüße vom Europaplatz!
    Uwe Stein

  6. Hey Harry
    Ich habe mich wie Bolle gefreut im Verteiler zu sein. Danke dafür.
    Wir waren am Samstag in der Bahnhofsvision und haben Eifler
    Landbier getrunken- ich kann es nicht mehr ohne dabei an dich zu
    denken.
    Ich freue mich auf eins mit dir gemeinsam.
    Glückwunsch zum tollen 3. Rundbrief- Herzliche Grüße aus der
    Heimat.

    Jo

  7. Hallo Herr Boldt,

    das liest sich ja alles ungeheuer spannend. War überrascht, dass Sie an mich gedacht haben, und habe sofort alle Ihre Rundbriefe gelesen.

    Bitte halten Sie mich im Verteiler!

    Ich wünsche Ihnen Geduld, weiter spannende Einblicke und viel, viel Erfolg!

    Bis bald mit besten Grüßen

    Thomas Hintz

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